Frühling ist, wenn die Hoffnungen des Jahres zu sprießen beginnen

Ich fand in China eine frohe Beschreibung: „Frühling ist, wenn die Hoffnungen des Jahres zu sprießen beginnen.“ Natürlich hat man gleich das Politische im Kopf. Aber es meint wohl mehr – und mir fiel „Ederlezi“ ein. Dies ist das wundervolle Frühlingslied der Roma des Balkans zum Hidirellez-Fest zu Ehren des Heiligen Georg. Hört einmal: https://www.youtube.com/watch?v=GG2jench7Kg –

(Im Film: „Das Zigeunerlager zieht in den Himmel/Time oft he Gipsy“ trägt dieses Lied eine ganze Geschichte – fast wie Wedekinds Theaterstück „Frühlingserwachen“. Dieses Stück erzählt die Geschichte mehrerer Jugendlicher, die im Zuge ihrer Pubertät und der damit verbundenen sexuellen Neugier mit den Problemen psychischer Instabilität und gesellschaftlicher Intoleranz konfrontiert sind. Ich mag es nicht glauben, dass es 1891 erschienen ist und heute in jeder Schulklasse Begeisterung auslöst – wenn es vorgelesen wird. Und im „Zigeuner“-Film entsteht diese Begeisterung auch – hinzu kommt das Besondere: Das Spirituelle der Roma und deren furiose Fähigkeit zur Zelebration)

Nun, in den vorletzten 3 Tagen waren wir in Karnitz zum interkulturellen Holzhacken: teilnehmende Kulturen waren Bayern, Mecklenburger, Kameruner, Inder, Berliner, Brandenburger, Pomeraner, Wurzellose und Landstreicher  – dazu kamen Stare und Milane, die aus nordafrikanischen Staaten ausgewiesen worden waren, Störche wie auch die ersten Schwalben, die sich aufgrund der politischen Konstellationen nicht sicher sind, hier temporär zu siedeln. Hummeln waren frech, wenn man ihnen den Rücken zukehrte.

Aber wir haben XXX Festmeter – wohl für zwei Winter – in heizfähige Formen geschlagen. Christof hatte die Stämme aus dem Wald geholt und wir sägten und hackten sie zu recht und machten aus allem eine große Miete, die nun 2 Jahre austrocknen muss. Einige der geraden Stämme legten wir zur Seite – Bodo Kriszun – der Mann mit dem mobilen Sägewerk – wird aus ihnen Bretter schneiden, für Tische und Bänke unter den Apfelbäumen – so ähnlich, wie es Franz Josef Degenhardt mit dem Lied zu den Pflaumenbäumen beschreibt.

Und wir sind in den Boden gegangen; die Beete für das junge Gemüse mussten vorbereitet werden.

Denn am 23. und 24. April (die Anreise und Anwanderung ist für die meisten der 22. April) ist das Säen und Pflanzen dran. Wir haben das Feld – unten im Moor – begradigt und werden ein geradestehendes Gewächshaus errichten können – in dem endlich die Tomaten wachsen, die wir Jahr für Jahr züchten. Hinter diesem entstehen die Kartoffelreihen und Baumschulenspaliere. Wir haben Gäste: jugendliche Freunde, die für den Oktober einen Jugendkongress zur Bildung in der Region – quasi einen Bildungsgipfel – vorbereiten. Wir möchten zudem – für den Nachmittag des 23. Aprils die neu Zugezogenen von Neukalen und Malchin zu einem Kaffee-Kuchen-Nachmittag einladen. Und Viban mit seinen Freunden aus Kamerun ist da, um Bäume zu versetzen. Ach ja – das Fremde! Viban, in Kamerun geboren und jetzt Kollege und Freund! Und – Fremder! So jedenfalls schauen ihn viele an und reden über ihn.

Was mich dabei überrascht ist, dass das Fremde nahezu dem Eigenen gegenübergestellt wird. Was meine ich? Nun, man könnte ja auch sagen: das ist mir vertraut (das kenn ich, das esse ich usw.) und daran messe ich das Andere. Aber mit dem Eigenen wird eine Hierarchie eingezogen, die das Fremde als Bewertungs- und Differenzbegriff (gut-schlecht) anstatt als Distanzbegriff (anders) benutzt. Man macht damit das Fremde fremder, als es zu sein pflegt. Denn einer der Effekte in solcher Art Umgang mit dem Fremden ist ja, das Eigene durch das Fremde, befremdlicher werden und so wahrnehmen zu lassen, dass es bedroht wird.

Oder, ganz anders, mit den Worten eines modernen Ökologen (Fred Pearce) ausgedrückt: „Der gegenwärtige Kreuzzug gegen die fremden Arten richtet sich jedoch nicht gegen die Ursachen ihrer Erfolgs, sondern in geradezu bizarrer Weise gegen die Symptome: Weshalb können sich denn Riesenbärenklau, Riesenknöterich und Springkräuter so sehr , „so invasiv“ ausbreiten? In ihrem Wuchern drückt sich aus, dass ihnen der Nährboden bereitet worden ist, durch massive Überdüngung. Die so auffällig invasiven Pflanzen sind in besonderem Maße nährstoffbedürftig. Die entsprechende Eindämmung der Überdüngung steht aus und Naturschützer lassen sich in den Kampf gegen die invasiven Arten einspannen, anstatt die Verursacher des invasiven Wucherns zur Rechenschaft zu ziehen. ….

Würde Mitteleuropa wieder ganz von der „potentiell natürlichen Vegetation“ bedeckt, hätten wir recht artenarme, einförmige Buchenwälder.. aber keine Lüneburger Heide, keine Streuobstwiesen, …und vor allem keine offenen, sonnig-mageren Flecken voller Lerchen, Hasen Schmetterlinge, bunter Blumen und wilder Bienen.

Ein Plädoyer für „Die neuen Wilden“

Joachim und Martina